Aufrüstung und Nachhaltigkeit – Wohin führt der Weg der Telekommunikation in einer zunehmend bipolaren Welt?

Russlands Krieg gegen die Ukraine hat die Debatte über konventionelle Waffen und moderne Verteidigungstechnologien tiefgreifend verändert und die Notwendigkeit einer robusten Verteidigungsfähigkeit wieder in den Vordergrund gerückt. In Deutschland stehen daher nicht nur die Bundeswehr und die Frage der Aufrüstung verstärkt im Mittelpunkt, sondern auch die Bedeutung von Satelliten- und Raumfahrttechnologien für die Sicherheit.

Nachhaltigkeit und Rüstungsindustrie im Spannungsfeld

Neben militärischer Schlagkraft und Verteidigungsbereitschaft stellt sich zunehmend die Frage, wie diese Entwicklungen mit den heutigen Nachhaltigkeitsanforderungen vereinbar sind. Besonders im Kontext der ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) und der EU-Taxonomie-Verordnung, die klare Standards für nachhaltige Investitionen setzt, bewegt sich die Rüstungs- und Raumfahrtindustrie in einem Spannungsfeld.

Riegler und Reichel argumentieren, dass eine robuste Verteidigungsfähigkeit von demokratischen Staaten für deren äußere Sicherheit notwendig ist und somit eine Voraussetzung für Nachhaltigkeit darstellt. Gleichzeitig stellt Rüstung als solche keine nachhaltige Investition dar, weil sie weder soziale noch ökologische Kriterien im vollen Umfang erfüllt.

Für eine mögliche ESG-Konformität schlagen Riegler und Reichel Bedingungen vor:

  • Die Rüstungsunternehmen sollten ihren Sitz und die Kontrolle in demokratischen Ländern haben.
  • Die Produktion sollte auf nicht-kontroverse Waffen beschränkt sein.
  • Exporte sollten nur an demokratische Staaten und Verteidigungsbündnisse erfolgen, begleitet von transparenter Entscheidungsfindung und Genehmigungen.
  • Die Rüstungsindustrie sollte sich an eine strenge Transparenz- und Lizenzvergabepolitik halten.

Riegler und Reichel betonen, dass die ESG-Konformität von Rüstungsgütern nur unter diesen strengen Rahmenbedingungen vertretbar wäre – ein Punkt, der unter ethischen Experten umstritten bleibt, da die Einbindung der Rüstungsindustrie die ESG-Kriterien verwässern könnte.

Satellitendaten in der Konfliktdokumentation

Die ethischen und ökologischen Fragen, die sich daraus ergeben, sind auch im Hinblick auf die Rolle der Satellitentechnologie relevant. „Satelliten spielen eine Schlüsselrolle bei der Überwachung von Krisensituationen, der Frühwarnung vor Naturkatastrophen und der Unterstützung unserer Streitkräfte“, sagte Benedikt Kuhn, Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei Hessen, auf der dritten „Hessen in Space“-Konferenz im Oktober 2024 in Frankfurt am Main. In einer Welt, die zunehmend von Cyber- und hybriden Bedrohungen geprägt ist, betonte Kuhn die essenzielle Bedeutung einer belastbaren Raumfahrtinfrastruktur.

Satellitenbilder haben sich zudem als wertvolles Instrument für die Dokumentation von Konflikten erwiesen. So konnten etwa Aufnahmen des Massakers von Butscha im Jahr 2022 die schweren Kriegsverbrechen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung durch russische Truppen belegen. Solche präzisen Satellitendaten, die unter anderem Leichen auf Straßen zeigen, lieferten entscheidende Beweise für internationale Berichterstattung und juristische Aufarbeitung. Der Unternehmer und Journalist Michael Anthony beschreibt diese Entwicklung als „Demokratisierung“ des Zugangs zu Satellitendaten – eine Möglichkeit, die Politik und den Journalismus grundlegend verändert.

Satellitenaufnahme von Butscha

Ein weiteres Beispiel ist die Zerstörung des Staudamms von Nowa Kachowka während des russischen Angriffskriegs, bei der Satellitenbilder entscheidend zur Einschätzung des Schadensausmaßes und zur Überwachung der betroffenen Gebiete beitrugen. Dank der präzisen Aufnahmen konnten Rettungsmaßnahmen effizienter geplant und koordinierte Hilfsmaßnahmen schneller eingeleitet werden.

Satellitenaufnahme des Damms

Eine strategische Investition für Hessen

Während Hessens Raumfahrtkoordinator Prof. Johann-Dietrich Wörner die Stärke des Landes im Raumfahrtsektor hervorhebt, stellt sich die Frage, wie diese Position langfristig angesichts internationaler Konkurrenz und technologischer Entwicklungen behauptet werden kann. Die Herausforderungen in puncto Cybersicherheit und strategische Investitionen in Forschung und Innovation erfordern daher ein kontinuierliches Engagement, um die Bedeutung und Sicherheit dieser Technologien weiter auszubauen.

Herausforderungen und Chancen im Kontext der Verteidigungstechnologie

Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur die geopolitische Landschaft verschoben, sondern auch die Debatte über Sicherheit und Verteidigung neu entfacht. Wie gelingt es demokratischen Staaten, ihre Verteidigungsfähigkeiten zu stärken und gleichzeitig den Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht zu werden?

Die Rüstungsindustrie steht im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit militärischer Stärke und der Forderung nach verantwortungsvollem Investieren. Können wir eine Balance finden, die sowohl Sicherheit als auch ethische Grundsätze respektiert? Die vorgeschlagenen Bedingungen für ESG-konforme Rüstungsunternehmen werfen spannende Fragen auf: Ist es möglich, eine nachhaltige Verteidigung zu gewährleisten, ohne die Prinzipien von Umweltschutz und sozialer Verantwortung zu verletzen? Und welche Rolle spielen Satellitenbilder in diesem Kontext? Sie haben sich als unverzichtbares Werkzeug zur Dokumentation von Konflikten etabliert. Doch wie wird der Zugang zu diesen Daten die Politik und die Berichterstattung weiter transformieren?

Während Hessen seine Position im Raumfahrtsektor behaupten möchte, ist es klar: Innovative Lösungen und Investitionen sind unerlässlich. Wie können wir sicherstellen, dass diese Technologien nicht nur zur Sicherheit, sondern auch zur nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft beitragen? Diese Fragen sind entscheidend für unsere Zukunft – eine Zukunft, in der Sicherheit und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen müssen.

 

Quellen:

Staatskanzlei Hessen (11.10.2024): https://staatskanzlei.hessen.de/presse/dritte-hessen-in-space-konferenz-in-frankfurt

Riegler und Reichel (2023): https://link.springer.com/article/10.1007/s41025-023-00249-y#Sec13

Focus (05.12.22): https://www.focus.de/politik/ausland/satellitenaufnahmen-zeigen-fuehren-dark-ships-zu-den-taetern-heisse-spur-bei-nord-stream-ermittlungen_id_180425022.html

Wired (11.11.22): https://www.wired.com/story/nord-stream-pipeline-explosion-dark-ships/

Deutschlandfunk (05.04.22): https://www.deutschlandfunk.de/satellitenjournalismus-gps-recherche-medien-butscha-100.html

Spiegel (06.06.23): https://www.spiegel.de/ausland/kachowka-staudamm-in-der-ukraine-zerstoert-jetzt-hat-russland-ein-problem-weniger-a-dbe4b94f-ae88-4c07-9c16-85a3cd8d0376

Deutsche Welle (25.03.2022): https://www.dw.com/de/r%C3%BCstungsfirmen-wir-sind-auch-nachhaltig/a-61261032