Geldwäsche im Visier: Innovative Ansätze von der DIGISUSTAIN bis zur taiwanesischen Insel

Schätzungen zufolge verliert Deutschland jährlich rund 100 Milliarden Euro an Steuereinnahmen durch Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Allein im Jahr 2023 wurden deutschlandweit rund 32.600 Geldwäschedelikte polizeilich erfasst, was einen Anstieg von 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet.

Während der DIGISUSTAIN 2024 wurde das Thema Geldwäschebekämpfung und Steuerhinterziehung durch die zweitägige Global Anti-Financial Crime Konferenz in den Fokus gerückt. Internationale Expert*innen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten über innovative Ansätze zur Bekämpfung von Finanzkriminalität und beleuchteten die zunehmende Relevanz digitaler Technologien in diesem Bereich. Besonders hervorgehoben wurde die Rolle von künstlicher Intelligenz und Blockchain, die nicht nur Transparenz schaffen, sondern auch die Nachverfolgbarkeit illegaler Finanzströme verbessern können.

Dr. Jacob Wende, Gründer und CEO von Regpit betonte:

“Geldwäschecompliance kann als Chance für Unternehmen und auch für staatliche Stellen verstanden werden. Es braucht aufgrund der erheblichen Datenmengen und komplizierten Abläufe eine technologische und sichere Unterstützung. Deutschland kann da Vorreiter werden. KI kann nicht alles lösen, aber hat großes Potenzial, viele Prozesse zu beschleunigen und zu vereinfachen. Wir müssen aber erstmal in vielen Bereichen von manuellen Prozessen zu digitalen und dann zu automatisierten Prozessen umsteigen, um dann zu einem gezielten Einsatz von KI zu kommen. Der Austausch mit Behörden kann noch effizienter werden. Es sollte klarer werden, welche Daten die Behörden brauchen, damit bessere Analysen für die Strafverfolgung vorgenommen werden können. Nicht nur Schnelligkeit bei der Verdachtsmeldung kann entscheidend sein, es braucht auch vollständige und relevante Daten.“

Taiwan – Ein Erfolgsmodel im internationalen Vergleich

Im Wirtschaftsraum Taiwan setzt die Behörde seit 1951 auf eine einzigartige Methode zur Förderung der Steuerehrlichkeit: die „Uniform Invoice Lottery“ (統一發票, Tongyi Fapiao). Dieses Lotteriesystem belohnt Verbraucher*innen für das Erfragen von Quittungen bei Einkäufen, die automatisch an einer zweimonatlichen Ziehung teilnehmen. Die Gewinnspannen reichen von 200 bis zu beeindruckenden 10 Millionen Taiwan-Dollar, was knapp 300.000 Euro entspricht. Durch diesen Anreiz werden Unternehmen motiviert, ihre Umsätze korrekt zu melden.

In Taiwan: Quittung eines Kaffees mit QR-Code

Die Einführung dieses Systems zeigte sofortige Erfolge: Innerhalb eines Jahres stiegen die Steuereinnahmen um 75 %, von 29 Millionen NT$ im Jahr 1950 auf 51 Millionen NT$ im Jahr 1951. Heute ist die Lotterie vollständig digitalisiert und über eine App zugänglich. Ihre Effektivität bleibt ungebrochen – allein im Mai und Juni 2024 gewannen 15 Quittungen jeweils 10 Millionen NT$.

Das erfolgreiche taiwanesische Modell hat internationale Aufmerksamkeit erlangt. Wie der Economist berichtet, haben inzwischen Länder wie das chinesische Festland, Tschechien und Rumänien ähnliche Lotteriesysteme eingeführt, um Steuertransparenz zu fördern und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

In Deutschland gibt es derzeit keine landesweite Quittungslotterie nach dem Vorbild Taiwans. Allerdings wurde im Jahr 2019 eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht, die die Einführung einer solchen Lotterie zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und zur Förderung ordentlicher Abrechnungen durch Kassenbons forderte. Obwohl die Petition eingereicht wurde, gibt es keine Hinweise darauf, dass sie zu einer breiten öffentlichen Diskussion oder zu legislativen Maßnahmen geführt hat. Aktuell sind keine Pläne bekannt, eine Quittungslotterie in Deutschland einzuführen.

Geldwäschebekämpfung: Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Bekämpfung von Geldwäsche ist eine globale Herausforderung, die erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt hat. Institutionen wie die Financial Action Task Force (FATF) sowie nationale Behörden sind für die Verhinderung dieser Straftaten zuständig. Besonders anfällig sind Wirtschaftszweige wie Immobilien, Finanzdienstleistungen und der Handel mit Edelmetallen. Risikoanalysen und das „Know Your Customer“-Prinzip spielen hierbei eine entscheidende Rolle, da sie helfen, verdächtige Transaktionen frühzeitig zu erkennen und Prävention zu stärken.

Auch die Verwicklung von Personen als „Money Mules“, die unwissentlich kriminelle Gelder weiterleiten, zeigt die Vielschichtigkeit des Problems. In Deutschland besteht noch Verbesserungsbedarf – insbesondere die Bekämpfung von Briefkastengesellschaften und die Förderung von Transparenz in Offshore-Jurisdiktionen könnten die Wirksamkeit der Maßnahmen steigern.

Illegal erworbene Gelder werden oft in klimaschädliche Aktivitäten wie Abholzung oder illegale Müllentsorgung investiert. Die FATF betont, dass die Bekämpfung von Geldwäsche nicht nur den Rechtsstaat stärkt, sondern auch den Klimaschutz unterstützt und gesellschaftlichen Frieden sichert. Die neuformierte Anti-Money-Laundering Authority der EU zeigt, dass das Thema von zentraler Bedeutung ist.

Dr. Marcus Pleyer, ehemaliger Präsident der Financial Action Task Force (FATF), bringt es auf den Punkt:

„Geldwäsche untergräbt den sozialen Frieden, stört den fairen Wettbewerb und schadet dem Vertrauen in den Rechtsstaat.“

Sein vollständiges Interview, das auf YouTube verfügbar ist, beleuchtet die Verbindung zwischen Umweltkriminalität, globalen Trends und der Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit in der Geldwäschebekämpfung.

You Tube Interview mit:

Dr. Marcus Pleyer Teil 1: hier

Dr. Marcus Pleyer Teil 2: hier

DIGISUSTAIN 2025

Auch im Jahr 2025 wird das Thema Geldwäschebekämpfung im Zentrum der DIGISUSTAIN stehen. Neben Technologie, Biodiversität und Gesellschaft ist Finance mit Geldwäschebekämpfung eine der vier zentralen Säulen der DIGISUSTAIN in diesem Jahr. Mehr Informationen gibt es unter: http://www.digisustain.de

Quellen:

Focus Taiwan: hier

The Economist: hier

Bundestag: hier